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Zwischen zwei Jungs (1)

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Zwischen zwei Jungs (1)Fast ein KussJustin. Ein Pfahl in meinem Fleisch. Er ist als Neuer in die Klasse gekommen. Herr Thomas hat ihn begrüßt. Er hat sich vorgestellt und sich dann ohne mich zu fragen frech neben mich gesetzt. Da sitzt er nun. Das ist unverschämt. Und er nimmt mehr Platz auf der Bank ein, als ihm zusteht. Ich mag ihn nicht. Er ist fremd. Manche Fremden hasse ich.Okay, er sieht ganz gut aus. Viel zu gut für einen Jungen. Er ist goldblond, hat strahlend blaue Augen und eine sportliche, fast athletische Figur. Ich spreche nicht mit ihm. Lieber nicht. Das könnte gefährlich werden, denn ich habe vor allen Menschen, auch meinen Mitschülern ein Geheimnis, das ich strikt für mich behalte. Ein Geheimnis, das mich meinen guten Ruf kosten kann.Justin sitzt jetzt schon eine Woche neben mir, meist mit ziemlich gespreizten Beinen. Zu weit gespreizte Beine. Ich kann die Beule in seiner Jeans sehen, wenn ich hinschaue. Verdammt, ich schaue oft hin. Zu oft. Auffällig oft. Ich kann nichts dafür.Seine Stimme klingt angenehm, wenn er mal etwas sagt. Diese Kopfbewegung, wenn er sich die blonde Locke aus der Stirn wirft, ist was Besonderes. Ich muss hinschauen. In seine blauen Augen schauen. Nicht zu lang, sonst ist es verdächtig. Ein Scheißleben ist das. Ich bin ein beschissener, heimlicher Schwuler mit allem drum und dran. Mit Wünschen. Mit sexuellen Wünschen, die ich in nächtlichen Wichsorgien zu stillen versuche. Vergeblich. Asche auf mein Haupt. So sind schwule Jungs nun mal.Mathematikunterricht. Ich bin ganz gut in Mathe. Naturbegabung, kein Fleiß. Justin wühlt in seiner Tasche. Dann quatscht er mich an. Den Tag muss ich rot im Kalender anstreichen.„Adrian, ich habe das Scheiß Mathebuch vergessen. Lässt du mich mit in deins schauen?“„Wenn’s sein muss, Alter“, brumme ich, und Justin wirft sich wieder mal die goldene Locke aus der Stirn und rückt näher.Shit. Mir auf den Pelz. Viel zu nah. Ich habe jetzt seinen Duft in der Nase. Seine Hände sind wunderbar. Er hat diese langen Finger, die ich mag. Und gepflegte Fingernägel. Und die Beine wieder gespreizt. Diese verdammt engen Jeans an, die seine Oberschenkel eng umspannen. Hat er einen großen Schwanz oder macht diese Hose nur eine Falte? Nein, er ist Rechtsträger. Sein Ding scheint ziemlich lang zu sein. Länger als meins.Adrian! Nicht hinschauen! Du willst doch jetzt keine Latte bekommen!Fuck! Er duftet ein klein wenig nach Leder, Bergamotte und Patschuli. Aber auch ein wenig nach Moschus und frischem Schweiß. Eben wie ein Junge. Er fährt mit dem Rad zur Schule und hat sich wohl angestrengt. Jetzt kommt mir sein Kopf ganz nah, weil er seine Nase in mein Buch steckt. Seine Haare sind nur Zentimeter von meiner Nase entfernt. Der Duft von grünen Äpfeln steigt mir in die Nüstern, gemischt mit frisch gebackenem Brot. Ich liebe grüne Äpfel und frisches, knuspriges Brot.„Verstehst du das, Adrian? Für mich sind das bömische Dörfer.“Jetzt dreht er den Kopf zu mir. Er befeuchtet sich die Lippen mit der Zungenspitze. Seine Zähne sind wunderbar weiß, seine Lippen rot, samtig und weich. Sind seine Augen heute blauer als gewöhnlich? Justin sieht mich fragend an. Ich antworte nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Er streckt sich. Seine Lippen kommen mir näher. Sie sind güvenilir bahis etwas geöffnet und locken. Ich fühle seinen Atem an meiner Wange. Er atmet Spearmint. Er hat sein Kinn auf die Hände gelegt und unsere Ellbogen berühren sich.Ich versinke in seinen Augen wie in einem tiefen, blauen See. Alles um uns herum ist ausgeblendet, auch der Lehrer. Fuck! Ich hatte seit einigen Tagen bemerkt, dass seine Augen meine Hemmungen jedes Mal mehr wegschmelzen lassen, wenn ich in sie blicke. Meine Augen finden seine, verlieren sich in ihnen, öffnen irgendwie einen Blick in seine Seele. Ich fühle mich plötzlich geborgen, verstanden und akzeptiert, und dieses Gefühl wird von Sekunde zu Sekunde intensiver. Mein Verstand setzt aus. Nur eine Sekunde lang.Funkt mein Gehirn oder mein Herz dazwischen? Ich nähere meine Lippen seinen, bis auf wenige Millimeter, und die Welt scheint aufzuhören, sich zu drehen. Justin sieht mich nur mit weit geöffneten Augen an, und ich spiegele mich in ihnen, wie in einem tiefblauen See.Der Gong rettet mich. Saved by the Gong. Die Stunde ist zu Ende. Bevor Justin mich am Kragen packen kann und mir peinliche Fragen stellt, raffe ich meine Sachen zusammen und fliehe. Auf dem Schulhof kann ich nicht bleiben. Dort findet er mich. Das darf nicht passieren. Ich muss erst einmal meine Gefühle sortieren. Ich schwinge mich auf mein Bike und fahre zu meinem Lieblings-Nachdenk-Platz.Ich fahre immer dorthin, wenn ich mal wieder in einer Mischung aus Wut und Verzweifelung bin. An solchen Tagen reiße ich aus und schwinge mich auf mein Fahrrad. Ich habe da einen Platz, an dem ich gerne bin. Dort grolle ich mit mir, jedem und der ganzen Welt.Wir fahre mit meinem Rad die höchste Erhebung der Stadt, den Hügel der Endmoräne aus der Eiszeit hoch. Der Aufstieg, steil, aber kurz, ist Schritt für Schritt ein Aufstieg von der Großstadt ins Grüne, von der Enge ins Freie. Der Lohn für meine kurze Anstrengung: Majestätische Bäume, Wiesen zum Ausruhen, Ruhe, obwohl unweit der Verkehr durch das verschlungene Autobahnkreuz strömt oder Tiere im Zoo kreischen. Hier gibt’s die Gelegenheit für mich, über Gott und die Welt und fast hundertfünfzig Jahre Zeitgeschichte nachzudenken. Ich radle vorbei an zwei Teichen, vor der Natursteinmauer mit der Grotte, in der wir als Kinder gespielt haben Am Soldatenfriedhof aus dem ersten Weltkrieg mache ich kurz Rast. Hier soll einer meiner Vorfahren liegen. Irgendwann werde ich das Grab suchen, aber heute schaue ich mir nur kurz die mit grüner Patina überzogene Siegfried-Figur aus Bronze an.Ich fahre über den Platz, auf dem früher wohl ein Kaiser-Wilhelm Denkmal stand. Mein Opa hat mir erzählt, dass es im letzten Weltkrieg eingeschmolzen wurde. Dann bin ich an meinem Lieblingsplatz, einer großen, abfallenden Wiese, wo bis vor hundert Jahren die Schlacht bei Sedan von 1870 gefeiert wurde, die wohl vorentscheidend für den Deutsch-Französischen Krieg war.Dort oben habe ich mein Rad an einem Baum gelehnt und schaue hinunter in das Ruhrtal und die Zubringer des Autobahnkreuzes. An diesem Aussichtspunkt stehen drei Bänke, die heute alle unbesetzt sind. Ich setze mich auf eine freie Bank. Rechts von mir die gewundenen Asphaltbänder des Autobahnkreuzes, links der weite Blick über den Hafen bis türkçe bahis zum Rheintal. Im Hintergrund bräunliche Wolken über den Hochofenanlagen. Ein wenig Gekreisch eines Vogels aus dem Zoo nebenan.Ich starre in die Ferne. Ein Scheißleben ist das, wenn man ein schwuler Junge ist. Was soll ich Justin antworten, wenn er mir Fragen stellt? Wer zeigt mir einen Weg aus dem Schlamassel, das ich angerichtet habe? Ich könnte heulen.„Ja, bleib so. Genau so!“Ich höre den Auslöser einer Kamera und wende empört den Kopf. Da steht ein Junge in meinem Alter und schießt noch weitere drei Bilder von mir. Klick…klick…klick. Er hat mich nicht um Erlaubnis gefragt. Gleich regnet’s Ohrfeigen!Der Junge hat rote Haare und Sommersprossen. Er ist gertenschlank, fast dürr und einen halben Kopf größer als ich. „Sorry, aber ich konnte nicht widerstehen.“Frech wie Rotz, dieser rothaarige Dürre. Er hat die Kamera um den Hals hängen und kommt jetzt auf mich zu. Wie selbstverständlich setzt er sich zum mir auf die Bank.„Kennen wir uns?“ frage ich sicherheitshalber, bevor ich ihm die Faust mitten in die Sommersprossen setze. „Und was sollen die Fotos von mir?“„Nein. Ich habe dich noch nie gesehen. Du könntest jetzt denken, ich wäre bescheuert, klar, Alter. Aber darf ich noch ein paar Fotos von dir schießen? Wenn nicht hier, dann bei mir zu Hause im Studio?“Ich starre den Jungen von oben bis unten an, bevor ich ihm in die Augen sehe. Etwas berührt mich. Sie sind grün. Was will er von mir? Ich bin nicht fotogen. Doch da ist etwas in seinem Blick, das mich gefangen nimmt. Ich erlebe ein Déja-Vue. Vor einem Jahr hat ein älterer Kerl mich am Baggersee gefragt, ob er Fotos von mir machen darf und mir Geld angeboten. Fotos ohne Badehose.„Ich bin Kevin. Und du?“ unterbricht er meine Gedanken und streckt mir seine zierliche Patschhand entgegen.Ich Trottel nehme sie jetzt auch noch.„Ich bin Adrian. Ich weiß nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen oder ärgern soll, Kevin. Letztes Jahr hat mir ein schmutziger, alter Mann angeboten, Fotos von mir zu machen. Nackt. Aber jetzt versucht ein Junge in meinem Alter mir ein Gespräch aufzuzwingen. Willst du mich auch ohne Hose fotografieren und dir dann darauf einen runterholen?“Jetzt wird dieser Kevin bis über beide Ohren rot.„Oh, tut mir leid. Ich will dich nicht nackt posieren lassen. Bitte, können wir noch mal von vorn anfangen?“„Gut, ich warte auf deinen nächsten Anmachspruch“, brumme ich kalt lächelnd.Kevin stirbt fast vor Scham, aber er streckt mir erneut die Hand entgegen.„Hallo, ich heiße Kevin Wassmann, und ich freue mich, dich kennen zu lernen.“Ich muss innerlich grinsen, aber ich nehme seine Hand und schüttele sie kräftig.„Ich bin Adrian Ocean. Noch weiß ich nicht, ob das auch für mich ein Vergnügen ist, Kevin.“Er sieht das Lächeln in meinen Augenwinkeln. Sein Körper entspannt sich, und er lässt ein leises Kichern hören, während ich mir seine professionell wirkende Kamera anschaue.„Tut mir leid, das war ein Scheiß Anfang, nicht?“„Das stimmt, Kevin. Du hast ohne Erlaubnis Fotos von mir gemacht. Aber du hast eine echt teure Kamera. Was ist das für eine?“Jetzt fühlt sich Kevin etwas gebauchpinselt.„Das ist eine D3. Der Body allein hat über zweitausend Euro gekostet. Mein Daddy hat sie mir geschenkt. güvenilir bahis siteleri Er ist Fotograf und wechselt seine Kamera regelmäßig nach zweihunderttausend Aufnahmen. Er hat jetzt eine D5. Ich hab im Moment ein 80er Objektiv drauf. Kein Zoom, eine Festbrennweite, die echt gut für Portraits ist. Sie hat ein herrliches Bokeh.“„Bokeh? Was ist das, Kevin?“„Das ist die Qualität des Unschärfebereichs, Adrian. Bei der Portraitfotografie wird der Hintergrund gerne bewusst unscharf gehalten, um die Ablenkung des Betrachters vom Hauptmotiv zu mindern. Und in diesem Fall warst du das Hauptmotiv.“„Ich komm’ immer auf Bildern blöd heraus, Kevin. Ich bin nicht fotogen. Was findest du nur an mir?“„Ach, weißt du, Adrian, die anderen Jungs, die ich fotografiere grinsen oft so blöd, wenn sie in diem Lise schauen. Und du warst ernst. Es sah so aus als ob du Probleme hattest und mit der ganzen Welt haderst. Da konnte ich nicht widerstehen. Und ich konnte dich doch nicht vorher fragen. Dann hättest du den interessanten Ausdruck verloren.“„Okay, jetzt verstehe ich. Nimmst du auch Mädchen auf oder nur Jungs?“Jetzt bekommt Kevin wieder rote Ohren. Das passt irgendwie gut zu seinen roten haaren und seinen Sommersprossen. Ich blicke lang in seine grünen Augen. Zu lang. Dieser dürre Junge hat einen Charme, der mich unterschwellig anspricht, stelle ich fest.„Am liebsten Jungs“, antwortet er ausweichend. „Und am liebsten interessante Jungs, wie dich. Du wirst sehen, auf meinen Bildern siehst du gut aus. Ich kann mir vorstellen, dass es interessant wäre, wenn du für mich Model stehst. Ich bin zwar kein Fotograf und mache es nur als Hobby, aber ich habe doch schon etwas Routine.“ Irgendwie streicheln seine Worte meine Seele. Da ist ein Junge, der interessiert an mir ist, wenn auch nur für Fotos.„Model stehen? Auf keinen Fall. Hier sind viele Spaziergänger, die würden doch ganz schön blöd glotzen, wenn ich auf der Wiese für dich posiere.“„Auf der Sedanwiese?“ lacht Kevin. „Nein, auf keinen Fall! Mein Vater ist noch eine ganze Woche mit Shootings während der Modewoche in Düsseldorf beschäftigt. Da darf ich sein Studio mit den Hintergründen und der Blitzanlage benutzen. Hast du jetzt Zeit? Es ist nicht weit zu mir.“Kevins Augen glänzen. Seine Wangen sind rot geworden. Sein Angebot reizt mich, während mein Verstand mich zur Vorsicht mahnt. Kevin hat mich noch nicht voll überzeugt, dass er keine ‚gewagten’ Fotos von mir machen will..„Wie viel von meinem Körper werden die Aufnahmen zeigen?“„In der Hauptsache dein Gesicht und deine braunen Augen, Adrian. Vielleicht auch einen Teil deines Oberkörpers. Ich sehe, du hast eine Sporttasche dabei. Wenn du Sportsachen da drin hast, gern auch was in Sportkleidung. Was für eine Pose weiß ich noch nicht. Aber nur, wenn du Lust hast und locker geworden bist.“„Okay. Ich habe mein Sportzeug dabei. Und was trage ich bei den ersten Aufnahmen?“„Die Jeans, die Sneaker und das Sweatshirt, was du anhast, sind für die Portraitaufnahmen perfekt. Okay, ich muss deine Haare was ordnen, aber das ist auch schon alles. Und Interesse? Hast du Zeit? Jetzt?“„Ich habe den Nachmittag frei, Kevin, und nichts vor. Wie alt bist du?“„Cool, kommst du dann mit? Ich bin achtzehn, Adrian.“„Ich bin auch achtzehn. Aber ich bin mit dem Fahrrad da. Es lehnt da am Baum.“„Das passt gut, Adrian. Ich bin auch mit dem Bike da. Das steht da hinten am Aussichtspunkt. Da können wir gemeinsam fahren. Es sind nur drei Kilometer, und fast nur bergab.“

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